Das große Gassigehen
Zwischen Traum und Wirklichkeit
(Autorin: Melanie Jahn)
Wenn wir ehrlich sind, haben die meisten von uns Hundemenschen ähnliche Träume:
Ein entspanntes Leben mit unserem Vierbeiner, lange Spaziergänge durch Wälder und Felder, ganz ohne Stress – einfach Freude und Leichtigkeit.
Die Realität beim Gassigehen mit Hund sieht jedoch oft ganz anders aus.
Schon vor dem ersten Spaziergang steigt die Anspannung. Manchmal reicht allein der Gedanke daran, um ein ungutes Gefühl im Bauch zu verursachen. Aus dem Traum vom entspannten Gassigehen wird schnell ein Knoten aus Überforderung, Hilflosigkeit oder sogar Angst.
Warum klappt es bei manchen – und bei anderen nicht?
Manche Hunde scheinen von Anfang an „easy“ zu sein. Andere tun sich mit dem Alltag und dem Gassigehen unglaublich schwer.
Oberflächlich kann man sagen:
- Manche Hunde sind sehr reizoffen, sie nehmen alles auf.
- Sie können die Eindrücke und Reize nur schwer filtern oder gar nicht angemessen verarbeiten.
- Bei manchen liegt es in den Genen, bei anderen an äußeren Umständen – oder an mehreren Faktoren gleichzeitig.
Schnell ist der Hund (und auch der Mensch) überfordert. Dahinter steckt meist viel mehr als eine einfache Erklärung.
Die Erwartungen – und der Druck
Viele Menschen holen sich einen Hund voller Vorfreude. Sie haben große Pläne:
Tolle Ausflüge machen, Abenteuer erleben, regelmäßig und lange Gassi gehen.
Und dann kommt der Welpe ins Haus.
Was tun die meisten? Möglichst schnell alles mitnehmen: Menschen, Hunde, Aufzüge, Innenstädte, Parks, Kinder, fremde Menschen… eben das volle Programm.
Warum? Weil uns oft gesagt wird: „Der Hund muss jetzt alles kennenlernen, sonst ist es zu spät!“
Meine Antwort darauf: Falsch.
Ja, die sensible Phase geht irgendwann vorbei – aber das Lernen? Das endet nie. Ein Hund lernt ein Leben lang.
Und hier ist ein Gedanke, den wir oft vergessen:
Mit einem kleinen Kind würden wir nie so überladen umgehen. Wir würden ihm Zeit geben. Warum erwarten wir von unseren Hunden, dass sie von Anfang an alles „aushalten“ können?
Die wichtigste Lernerfahrung für deinen Hund:
Mit meinem Menschen kann ich alles schaffen! Mein Mensch zeigt mir wie die Welt funktioniert! Mein Mensch passt auf mich auf!
Ratschläge von außen
Vielleicht kennst du das auch:
„Du musst dich nur durchsetzen.“
„Der Hund nimmt dich sonst nicht ernst.“
„Ich würde das ganz anders machen …“
Solche Ratschläge sind selten böse gemeint – aber sie helfen dir nicht.
Denn niemand außerhalb eurer kleinen Mensch-Hund-Welt kann wirklich beurteilen, was bei euch gerade los ist. Nicht mal wir Trainer*innen sehen alles – wir arbeiten nur mit dem, was dein Hund uns zeigst und was du uns erzählst.
Darum: Hör auf dein Gefühl. Es hat einen Grund, warum du dich unwohl fühlst.
Die Wahrheit über das Gassigehen
Jetzt mal Klartext:
- Du musst nicht jeden Tag stundenlange Runden drehen.
- Dein Hund fühlt sich nicht bestraft, wenn ihr mal zu Hause bleibt.
- Auch ein pubertierender Hund braucht nicht täglich „Auslastung“.
- Du darfst selbst entscheiden, ob ihr lauft, steht, sitzt oder nur eine kurze Strecke geht.
Gassi gehen ist kein Leistungssport.
Und wusstest du, dass dein Hund ganz von allein niemals so spazieren gehen würde, wie wir es tun? Frag dich mal: Wie würde dein Hund spazieren gehen, wenn er selbst entscheiden dürfte?
Unser Fazit – und unsere Einladung an dich
Gassi gehen mit Hund soll keine Last sein. Es soll Zeit für euch beide sein – so, dass es zu euch passt.
Vielleicht ist das heute ein kurzer Gang, morgen ein gemütliches Verweilen auf der Wiese und übermorgen ein Ausflug in den Wald. Alles darf sein.
Wenn du merkst, dass Gassi gehen Stress bei euch auslöst:
Melde dich gerne bei uns.
Wir verurteilen nicht. Wir schimpfen nicht. Wir wissen, wie schwer es manchmal ist – und wir begleiten dich respektvoll, ehrlich und emphatisch durch diese Zeit.
Denn unser Ziel ist nicht, dass du perfekt funktionierst.
Unser Ziel ist, dass du und dein Hund wieder mit Freude und Leichtigkeit unterwegs sein könnt.
Deine Melanie Jahn
Im Gässel 6
76857 Völkersweiler
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